Wie beginnt eine Zivilisation?
Daraus strickt von Hayek nun eine Art Nominaldefinition: „Man könnte sagen, dass die Zivilisation beginnt, wenn der Einzelne in der Verfolgung seiner Ziele mehr Wissen verwerten kann, als er selbst erworben hat, und wenn er die Grenzen seines Wissens überschreiten kann, indem er aus Wissen Nutzen zieht, das er nicht selbst besitzt.“ Erstens: Zivilisation setzt offenbar voraus, dass „der Einzelne“ Ziele verfolgt. Da vom Beginn der Zivilisation die Rede ist, darf vorausgesetzt werden, dass es vorher keine Zivilisation gegeben hat. Erst gibt es den Einzelnen, dann verfolgt der Einzelne Ziele, zusätzlich nutzt der Einzelne das Wissen für die Erreichung seiner Ziele, das er selbst erworben hat. Die bisher genannten Fähigkeiten haben also mit der Zivilisation noch nichts zu tun. Die Zivilisation beginnt erst jetzt. Zweitens: Sie beginnt dadurch, dass der Einzelne Wissen verwertet, das er nicht selbst erworben hat, also mit der Verwertung gesellschaftlichen Wissens. Es gibt also gesellschaftliches Wissen schon vor der Zivilisation, Wissen, das der Einzelne verwerten kann, ohne es selbst zu „besitzen“. Und indem dies geschieht, beginnt die Zivilisation. Von Hayeks Einzelner weiß also nicht nur mit Sokrates, dass er nichts weiß, sondern er weiß vor allem, dass andere verwertbares Wissen haben, das er nutzen kann, ohne es selbst zu besitzen. Und die Nutzung dieses Wissens für die Verwertungszwecke des Einzelnen ist der Beginn der Zivilisation, also ein die Zivilisation fundierendes Kennzeichen.