Die Rolle der Geschichtsphilosophie für die Kritik der politischen Ökonomie
Wenn das so ist, dann kommt es darauf an, eine Zukunftsvorstellung zu entwickeln, durch die die Probleme der Gegenwart auf demokratische Weise lösbar erscheinen. Im Rahmen des marxistischen Denkens ist dafür eine Verbindung von Geschichtsphilosophie und Kritik der politischen Ökonomie einschlägig.
Die Kritik der politischen Ökonomie entwickelt die Widersprüche der Gesellschaft mit kapitalistischer Produktionsweise. Aber diese Widersprüche werden nicht nur konstatiert; sie werden zugleich als Motor einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung betrachtet. (Die Widersprüche als solche können – wie sich schon in der Romantik gezeigt hat – genauso von politisch rechten Kräften aufgezeigt und genutzt werden.) Der Zusammenhang zwischen den Widersprüchen und der Weiterentwicklung dieser Gesellschaft mit kapitalistischer Produktionsweise ermöglicht ihre konkrete Kritik. Diese bedeutet im Marxismus, dass man sich nicht nur gegen den kapitalistischen Charakter der gegenwärtigen Entwicklung wendet, sondern dass man zugleich auch im kapitalistischen Charakter der Entwicklung den – über den Kapitalismus hinausweisenden – geschichtlichen Inhalt erkennt, ausspricht und ihn zum Maßstab der Kritik macht. Dazu wiederum braucht man – meines Erachtens – eine dialektische Geschichtsphilosophie. Denn sonst endet man entweder in einem abstrakten, bloß moralischen Aktivismus, in der Resignation, in einem gelähmten Warten auf bessere Zeiten oder eben bei den Rechten. Denn auch die Rechten lehnen – zumindest ihrer Meinung nach – die gegenwärtige Entwicklung des Kapitalismus ab zugunsten einer – verklärten – vergangenen Periode, aus der jedoch in Wirklichkeit die gegenwärtige hervorgegangen ist. (Dieser letztere Aspekt ist wichtig. Denn er zeigt, dass die Rechten ihre Vorstellungen nur mit fortgesetzter Gewalt durchsetzen können, und diese Gewalt auch aufrechterhalten müssen, eben weil sich aus dem – vermeintlich angestrebten – vergangenen Zustand der jetzige entwickelt hat. Diese Entwicklung muss dann fortlaufend unterdrückt werden. Davon abgesehen wollen die Rechten keine prinzipielle Veränderung der Gesellschaft zugunsten der meisten derer, die sich ihnen anschließen.
Aus der Kritik der politischen Ökonomie ergibt sich also nicht nur der historische – und damit vergängliche – Charakter der gegenwärtigen Gesellschaft mit kapitalistischer Produktionsweise. Es ergeben sich auch die Prinzipien einer Vorstellung von einer Gesellschaft, wie sie an sich im Entstehen begriffen ist, und wie sie demokratisch entwickelt werden kann, wenn man diese Prinzipien erkennt. Daraus ergibt sich also die Notwendigkeit, in der gegenwärtigen Entwicklung nach einem geschichtlichen Inhalt zu suchen, der über den kapitalistischen Charakter der gegenwärtigen Entwicklung hinausgeht.
Die Entwicklung der Produktivkräfte als Motor der Geschichte und die Gegennwart