"Optimierung" ohne Ende?

Aus die gegenwart begreifen
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Viele Kolleginnen und Kollegen fragen sich, wo das mit der permanenten "Optimierung" ihrer Arbeit enden soll. Denn die meisten "Optimierungen" bringen es mit sich, dass die Arbeitsbelastung ansteigt, die Arbeitsintensität zunimmt und oft auch die Arbeitszeit "freiwillig" verlängert wird. Das Arbeitsleben scheint sich mehr und mehr in die Richtung eines Werbespruchs zu entwickeln: "Ist es zu stark, bist Du zu schwach!" So werden immer mehr Kolleginnen und Kollegen als zu schwach aussortiert. Die Unternehmen greifen auf Menschen zurück, die aus Osteuropa oder anderen Ländern zu uns kommen und angeblich stark genug sind, bis auch viele von ihnen im Krankenhaus landen. Dieser "Verschleiß" an Menschen, die der Produktionsprozess ausspuckt, ist für viele Kolleginnen und Kollegen mit der permanenten Optimierung verbunden.

Daher stellen sie sich die Frage: Was ist der Sinn dieser Entwicklung? Wo soll das enden? Der Sinn besteht zunächst in einer Verschärfung der Ausbeutung - im Sinne von Karl Marx. Die Arbeitskraft der einzenen Kolleginnen und Kollegen soll für die Unternehmen möglichst billig sein relativ zu dem Wert, den ihre Arbeit in der Zusammenarbeit mit anderen Kolleginnen und Kollegen für die Unternehmen erzeugt. Denn je größer diese Differenz, desto mehr Mehrwert kommt den Unternehmen zu. Der Mehrwert - erechnet im Vehältnis zum investierten Gesamtkapital ergibt den Profit. Die Kosten dieser "Strategie" werden der Gesellschaft im Allgemeinen über den Staat aufgedrückt. Das ist der erste und unmittelbare Sinn der permanenten "Optimierung". Sie soll die "Wettbewerbsfähigkeit", und das heißt nichts anderes als die Profitabilität der Unternehmen sichern und, wenn möglich, erhöhen. Da der Profit gar nicht zu hoch ausfallen kann, ist ein Ende der "Optimierung" unmittelbar nicht abzusehen. Aus dieser Perspektive kann es kein Ende der "Optimierung" geben. Und das ist die Perspektive der Unternehmen und ihrer Eigentümer.

Hegel nennt so etwas die "schlechte Unendlichkeit", weil jede "Optimierung" die Basis der nächsten "Optimierung" darstellt, so dass es logisch nicht möglich ist, sich hier ein Ende zu denken. Das ist - nach Hegel - das "Schlechte" dieser Unendlichkeit. Und das Wichtigste bei der "schlechten Unendlichkeit" - sagt Hegel - ist die Einsicht, dass diese Sorte von Unendlichkeit nie erreicht werden kann. Es kann aus der Sicht der Unternehmen aus logischen Gründen kein Ende der so gedachten "Optimierung" geben. Denn ein vorgestelltes "Optimum" ist immer jenseits der Erreichbarkeit. Und das soll so sein; denn eine "Optimierung" jagt die nächste. Dieses Problem benennen die Kolleginnen und Kollegen mit sicherem logischem Instinkt, wenn sie fragen, wo das mit der Optimierung enden oder hinführen soll.

Nach Hegel wäre es also das Wichtigste zu begreifen, dass es in dieser Sichtweise kein Ende geben kann. Nun könnte man sagen: So ist es eben bei der Unendlichkeit. Da gibt es kein Ende. Was soll da "schlechte Unendlichkeit" heißen? Das Schlechte an dieser Unendlichkeit besteht darin, dass sie endliche Optimierungsschritte aneinandergereiht werden. Es gibt nur Endliches. Das Unendliche bleibt ein Jenseits. So betrachtet ist das - immer wieder aneinandergereihte - Endliche selbst das Unendliche. Das ist ein Widerspruch in sich. Deswegen unterscheidet Hegel von dieser "schlechten Unendlichkeit" die "wahre Unendlichkeit". Worum könnte es sich dabei im Falle der "Optimierung" handeln? Hegel sagt: Die "wahre Unendlichkeit" besteht darin, den Prozess der "schlechten Unendlichkeit" zu begreifen, die gedanklichen Bestimmungen der "schlechten Unendlichkeit" zusammenzunehmen in einem Prozess, den es zu begreifen gilt. Was könnte das im Falle des "Optimierens" der Arbeit in den Unternehmen durch die Beschäftigten heißen? Unternehmensleitungen setzen im Auftrag der Eigentümer der Unternehmen keine Grenze. Die Steigerung der Profitabilität entfällt in diesem Fall als Antwort, denn sie bleibt in der "schlechten Unendlichkeit" stecken. Denn diese Steigerung hat in sich selbst keine Grenze, wenn man von der tatsächlich zu leistenden Arbeit absieht, die erforderlich ist, damit diese Steigerung möglich ist. Aber die Arbeitsleistung - insofern sie etwas ist, was die Menschen erbringen müssen - hat eine Grenze. Die Einsicht in diese Grenze führt zur "wahren Unendlichkeit" im Sinne Hegels. Diese Grenze wird aber für die Unternehmen nur sichtbar in der Form der Krankheit, der Verzweiflung, der Kündigung und anderer individueller "Lösungen" einzelner Beschäftigter - wenn und solange die Kolleginnen und Kollegen sich nicht organisiert mit dieser Form der "Optimierung" auseinandersetzen. Die "wahre Unendlichkeit" besteht also darin, diese Entwicklung nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Profitabilität der Unternehmen zu sehen, sondern unter dem Gesichtspunkt der wirklichen Voraussetung der Steigerung der Profitabilität, nämlich der von den Beschäftigten durchgeführten Bearbeitung der gemeinsamen zu leistenden Arbeit, die für die Optimierung" erbracht werden muss.

Diese Arbeit hat eine Grenze in der Natur der Menschen, wie im Falle der Krankheit sichtbar wird. Sie hat eine Grenze in der physischen und psychischen Kraft der Beschäftigten, wie sie an den vom Produktionsprozess ausgespuckten Individuen sichtbar wird. Sie erfordert also eine gemeinschaftliche Besinnung auf die gemeinsam geleistete und zu leistende Arbeit und deren Bedingungen. Aber die bloße Besinnung wird nicht ausreichen. Es wird notwendig sein, sich gemeinsam der gemeinsamen Arbeit zu bemächtigen, um dem Prozess der fortlaufenden "Optimierung" im Interesse der Unternehmensleitungen und der Eigentümer entgegenzuwirken. Diese Notwendigkeit zu begreifen und entsprechend zu handeln, das scheint der Inhalt der "wahren Unendlichkeit" zu sein, der hervortritt, wenn man die Bestimmungen des Prozesses der "schlechten Unendlichkeit" der "Optimierung" zusammennimmt. Demnach wäre es also notwendig, sich mit der Frage zu befassen, wie die Beschäftigten ihre Zusammenarbeit gemeinsam in den Griff bekommen können. So viel aber scheint festzustehen: Das geht nicht bruchlos auf dem Weg über die kapitalistischen Unternehmen und die entsprechenden Unternehmensleitungen, sondern nur in Auseinandersetzung mit ihnen. Und es geht nicht als vereinzeltes Individuum, es sei denn man scheidet aus dem Produktionsprozess aus. Es geht nur durch organisiertes Handeln der Beschäftigten. Die dafür einschlägigen Oramisationen, die gibt es schon: Es sind die Gewerkschaften, in denen es sich zu organisieren gilt. Wie es gelingen kann, die Arbeit im Interesse der Besvchäftigten zu bearbeiten und weiterzuentwickeln - darüber nachzudenken, das ist eine der Aufgaben einer der Gegenwart entsprechenden marxistischen Strategie.