Der "Schutz" durch die Unternehmensleitung

Aus die gegenwart begreifen
Version vom 14. Oktober 2008, 16:33 Uhr von Stephan (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der "Schutz" durch die Unternehmensleitung

Indem die Unternehmensleitung die Verantwortung für die Vermarktung des Produkts und die Organisation der Produktion übernahm, wurden die Beschäftigten vor bestimmten Aufgaben, die mit ihrer Arbeit zusammenhängen, "geschützt", aber auch von ihnen getrennt. Sie konnten sich so effektiver um die reine Fertigung der Produkte kümmern. Sie waren unter anderem vor dem Druck des Marktes geschützt. In der mechanistischen Betrachtungsweise brauchte sich nur die Unternehmensleitung mit dem Druck des Marktes auseinanderzusetzen. Sie sollte die Trends erkennen und sie in Anweisungen an die Beschäftigten umsetzen. Die Beschäftigten setzten sich nicht mit dem Druck des Marktes auseinander, sondern mit der Anweisung ihres Vorgesetzten. Wenn ein Beschäftigter den Anweisungen nicht gehorchte, erhielt er in der Regel eine Bestrafung (Abmahnung etc.) Wenn dagegen der Unternehmer dem Druck des Marktes nicht zu entsprechen in der Lage ist, dann macht er Verluste und auf die Dauer Bankrott. Während die Sanktion vom Vorgesetzten beschlossen werden muss, sind die Verluste und der drohende Bankrott Prozesse, die sich von selbst einstellen.

Die Beschäftigten erhielten also bewusste Anweisungen, die sie umzusetzen hatten, und bewusste Sanktionen, wenn sie diese Anweisungen missachteten. Die Unternehmensleitung dagegen erhält weder Anweisungen noch Sanktionen: Sie muss erkennen, was der Markt verlangt und das gewinnbringend umzusetzen in der Lage sein. Dafür hat sie keine bewussten Sanktionen zu gewärtigen, wenn sie ihre Aufgabe nicht zu erfüllen in der Lage ist. Denn die Verluste stellen sich von selbst ein. Bei der Unternehmensleitung ist das Versagen und die Sanktion ein und dasselbe, während bei den Beschäftigten das Versagen mit einer davon völlig unabhängigen Sanktion beantwortet wurde.

So unschön solche Sanktionen waren: Sie sind nicht der Druck des Marktes selbst, sondern traten an dessen Stelle. Sie waren in gewisser Weise ein "Schutz" vor der unbeherrschten Macht des Marktes, mit der sich - in dieser Betrachtungsweise - die Unternehmensleitungen auseinanderzusetzen hatten, nicht aber die Beschäftigten selbst. Ebenso wenig mussten die Beschäftigten entscheiden, was sie zu produzieren hatten, und wie sie es gewinnbringend produzieren könnten. Diese Entscheidungen wurde ihnen von der Unternehmensleitung abgenommen. Damit waren die Beschäftigten von der Verantwortung gegenüber dem Markt "frei" gelassen, allerdings zu dem Preis einer Unterwerfung unter die Unternehmensleitung, die die gesamte unternehmerische Verantwortung an sich zog.

Damit wurde ein Zustand zementiert, in dem die Beschäftigten keine Verantwortung für das Unternehmen hatten und also auch kein weitergehendes Interesse an ihrer Arbeit als das, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (Es ist nicht ganz zufällig, dass sich in solchen Zeiten der Ausdruck "Arbeitnehmer" durchsetzen kann. Die Arbeit erscheint nicht als eine Tätigkeit der Menschen, sondern als eine - im Besitz des "Arbeitgebers" befindliche - Gelegenheit, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.)

Das ändert sich gewaltig in dem Moment, in dem die Unternehmensleitungen das Unternehmen nicht mehr wie einen Mechanismus betrachten, sondern wie einen Organismus.

Die organizistische Betrachtungsweise der Unternehmen