Die Ausbreitung des ökonomischen Erkenntnisprogramms auf alle Sozialwissenschaften
Es geht also zunächst um die Analyse von schon entwickelten gesellschaftlichen Steuerungsmechanismen, die unter ganz verschiedenen geschichtlichen und gesellschaftlichen Umständen entstanden sind. Dabei kann man auch analysieren, welche Auswirkungen die Entwicklung von Institutionen haben, und wie und warum sie entstehen. Es handelt sich also nicht nur um ökonomische Prozesse, die auf diese Weise analysiert werden können: Das Programm soll die Analyse aller historischen Prozesse unter dem Gesichtspunkt des Wirkens sozialer Steuerungsmechanismen ermöglichen. Zunächst haben die Ökonomen im Rahmen der sogenannten Spieltheorie in abstrakten Modellen und Idealisierungen durchgerechnet, wie die Menschen sich angeblich verhalten sollten, wenn sie rational handeln würden. Aber – so Hans Albert – man kann auch konkrete Steuerungsmechanismen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit analysieren. Das ist nun die Hauptaufgabe des ökonomischen Erkenntnisprogramms.
„Das vordringlichste Problem scheint mir daher darin zu bestehen, diese (spieltheoretischen, Stephan Siemens) Idealisierungen rückgängig zu machen, um zu brauchbaren – wenn auch vielleicht nur approximativen – Erklärungen für soziale Steuerungsmechanismen bei unterschiedlichen institutionellen Regelungen zu kommen, wie das nun auch tatsächlich geschieht.“ (S. 64)
In der Tat wird in einer Reihe von Sozialwissenschaften an der Steuerung von Prozessen gearbeitet, die darauf abzielen, das Handeln der Menschen „sozial“ zu steuern. „Sozial“ bedeutet hier nicht, dass man an das Wohlergehen der sozialen Gemeinschaft und der Individuen in dieser Gemeinschaft denkt. Es geht vielmehr darum, soziale Gesetzmäßigkeiten als Mittel zu nutzen, um das Verhalten der Menschen zu steuern. Eine Übergangsphase zur sozialen Steuerung stellt nach Hans Albert die sogenannte Neoklassik in der Ökonomie dar. Sie befasste sich mit Gleichgewichten in der Ökonomie. Diese Phase geht, so Hans Albert, zu Ende,
„so dass die Problematik der sozialen Steuerung, die in der Klassik ins Auge gefasst worden war, nun in voller Allgemeinheit ins Blickfeld tritt.“ (S. 64)