Zur Rechtfertigung des Begriffs der indirekten Steuerung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 27. September 2024, 10:05 Uhr
Zur Rechtfertigung des Begriffs der indirekten Steuerung
Von der „sozialen Steuerung“ bei Hans Albert in „Die Einheit der Sozialwissenschaften“ bis zur Wirtschaftsethik von Ingo Pies
Stephan Siemens
Der Begriff der indirekten Steuerung wird offenbar als ein Marketing-Strategie verstanden. Das ist meines Erachtens ein grundlegendes Missverständnis. Bei der indirekten Steuerung handelt es sich um eine Kritik an einer Vorstellung der „sozialen Steuerung“ in den Unternehmen im Rahmen der sogenannten „offenen Gesellschaft“. Das Konzept der sozialen Steuerung wurde beispielsweise von Hans Albert, einem einflussreichen Schüler von Popper formuliert. Die Kritik bezieht sich nicht auf die Vorstellung, gesellschaftliche Prozesse steuern zu wollen oder zu können. Kritisiert wird vielmehr, dass „die soziale Steuerung“ im Rahmen der Unternehmen auf die Unbewusstheit derer setzt, die gesteuert werden sollen. Überdies unterläuft es denjenigen, die „die indirekte Steuerung“ praktizieren, dass ihnen die Prozesse, die sie steuern wollen, aus dem Ruder laufen, weil ihnen ihre Voraussetzungen ebenfalls nicht bewusst sind.
Hans Alberts „soziale Steuerung“
Hans Albert befasst sich im Rahmen eines Artikels mit dem Problem „Die Einheit der Sozialwissenschaften“. >>>(Fußnote 1)<<< Er fragt sich, worin die Einheit der Sozialwissenschaften, die die soziale Welt erfassen soll, begründet ist. Zunächst weist er überwundene Überlegungen zurück, die eine statische Vorstellung der Sozialwissenschaften voraussetzen. (Fußnote 2) Dann macht er den Vorschlag, von Erkenntnisprogrammen auszugehen. Mit diesem Vorschlag ist es möglich, wissenschaftliche Grundpositionen festzuhalten, sie aber zugleich weiterzuentwickeln. Damit entgeht man einem statischen Begriff der Wahrheit und ermöglicht dadurch das Denken in wissenschaftlichen Entwicklungen. Als Beispiel führt er das materialistische Erkenntnisprogramm des Marxismus an. Dieses Programm geht bei der Erfassung der sozialen Wirklichkeit von Gesetzen aus. Gegen dieses Programm hat sich ein anderes sozialwissenschaftliches Erkenntnisprogramm entwickelt, das davon ausgeht, dass die soziale Wirklichkeit Resultat des Handelns der Menschen ist. Dieses Handeln müsse man ebenso wie die Handelnden verstehen, worauf sich ein Programm des Verstehens, der sogenannten „Hermeneutik“, konzentriert. Aber – so argumentiert Albert – es ist nicht möglich, das soziale Handeln anderer Menschen zu verstehen, wenn man nicht Gesetzmäßigkeiten anerkennt, die das Verständnis ermöglichen. Das bedeutet: Man kommt ohne „nomothetische“ (also Gesetzes-) Aussagen in der Geschichts- und Sozialwissenschaft nicht aus.