"Das ökonomische Erkenntnisprogramm": Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. September 2024, 09:19 Uhr
"Das ökonomische Erkenntnisprogramm"
Das von Albert selbst verfolgte Erkenntnisprogramm nennt er das „ökonomische Erkenntnisprogramm“. (S. 62) Dieses Erkenntnisprogramm ist nomothetisch. Es geht nicht in erster Linie darum, die Menschen zu verstehen, sondern ihr Handeln zu erklären. Die Bewusstheit der Handelnden spielt, wenn überhaupt, eine zumindest untergeordnete Rolle. Das Erkenntnisprogramm setzt die Idee der neoklassischen Gleichgewichtsstudien voraus. Aber es bleibt dabei nicht stehen, sondern verfolgt die Idee einer „sozialen Steuerung“, wie sie – nach Albert – die Nationalökonomie auszeichnet. Die Idee der sozialen Steuerung hat zwei wesentliche Voraussetzungen: Erstens setzt sie den methodologischen Individualismus voraus. Dieser besagt: Die gesellschaftlichen Phänomene werden aus dem Verhalten von Individuen erklärt. Man geht also nicht vom Verständnis der Individuen aus, sondern erklärt ihr Verhalten aus den erkannten Gesetzmäßigkeiten. Die zweite Voraussetzung ist die des theoretischen Institutionalismus. Dieser etwas sperrige Begriff besagt, dass in der Gesellschaft bestimmte Handlungsweisen der Individuen teils erwartet werden, teils als normal vorausgesetzt werden. Die Verfestigung solcher Handlungsweisen wird als ihre Institutionalisierung bezeichnet. Wesentlich dabei ist, dass die Menschen nicht darüber nachdenken (müssen), wie sie sich verhalten müssen oder sollen. Denn sie folgen mehrheitlich oder in der Regel lediglich ihrer Gewohnheit, wenn sie im Rahmen von Institutionen handeln; sie handeln unbewusst und, d.h. ohne noch darüber nachzudenken. Mittels des Institutionalismus ist es möglich, das Verhalten der Menschen – jedenfalls überwiegend – zu kanalisieren, d.h. in vorbestimmten Kanälen zu halten.
Mittels dieser beiden Ideen werden theoretische Analysen möglich, die für „eine Sozialtechnologie“ (S. 65) von prinzipieller Bedeutung sind. Das Ökonomische des Entwicklungsprogramms resultiert nun aus zwei weiteren Grundideen, nämlich der Orientierung der Menschen am Selbstinteresse. Die Menschen verfolgen in ihrem Handeln ihre ökonomischen Interessen. Die weitere Grundidee besteht in der Voraussetzung der Knappheit der Mittel, die in bestimmten Entscheidungssituationen zum Ausdruck kommt. (Dabei spielt es keine Rolle, dass die zweite Grundidee der Voraussetzung der ersten ist. Denn würden die Mittel nicht als knapp betrachtet, gäbe es keinen Grund, vor allem die eigenen ökonomischen Interessen zu verfolgen.) Das ökonomische Erkenntnisprogramm – so Hans Albert – lässt sich auf alle Sozialwissenschaften anwenden, denn:
„Es ist prinzipiell darauf eingerichtet, soziale Steuerungsmechanismen und ihre Wirkungen unter ganz verschiedenen historischen Umständen zu analysieren und auch die Entstehung und Entwicklung von Institutionen und sozialen Strukturen einzubeziehen.“ (S. 63)
Die Ausbreitung des ökonomischen Erkenntnisprogramms auf alle Sozialwissenschaften