Die Linke braucht den Gedanken des Fortschritts: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Linke braucht, das ist die Behauptung der folgenden Zeilen, den Fortschrittsgedanken, um linke Politik zu formulieren. Aber warum? Reicht es nicht gegen den Kapitalismus zu sein? Genügt es nicht, gegen das Ausschließen der Schwachen und Armen einzutreten? Ist es nicht entscheidend gegen die herrschenden Kreise aufzutreten und die Rechte der Unterdrückten zu vertreten?
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Nein, das reicht nicht. Denn damit kann man sich nicht selbst von Kräften abheben, die den Kapitalismus von rechts bekämpfen. Und die Rechten entwickeln sich im Kampf gegen den Kapitalismus deutlich besser als die Linken, wenn man sich darauf beschränkt gegen den Kapitalismus zu sein. Warum? Weil sie sich auf Vorstellungen einer besseren Vergangenheit stützen, auf eine (meist falsche und verklärende) Vorstellung zwar, aber auf eine, die es angeblich schon gab, die also realisierbar ist. Das Reaktionäre bedarf deshalb zur Ablehnung der Gegenwart keiner theoretischen Anstrengungen, keines Begreifens der aktuellen Lage. Es reicht, wenn man sich vorstellt, dass die Zeiten früher besser waren, weil im Rückblick alles einfacher handhabbar, überschaubarer, klarer war.
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Auch das Eintreten für die Armen fällt den Rechten deutlich leichter, wenn die Armen ihre Armut auf die gegenwärtige Entwicklung zurückführen. Denn dann kann die gegenwärtige Entwicklung keine gute sein. Daher ist sie abzulehnen. Die Zukunft ist das Ergebnis der gegenwärtigen Entwicklung, also ist auch die abzulehnen. Es gilt diese Entwicklung und damit die Zukunft zu bekämpfen. Und schon ist man im reaktionären gelandet. Dagegen erfordert eine linke Kritik ein sortieren der gegenwärtigen Entwicklung, bei dem man nicht bei der schlichten Ablehnung hängen bleiben kann. Man muss vielmehr konkret kritisieren und braucht vor allem einen Maßstab der Kritik, der sich auf die tatsächliche Entwicklung stützen kann. Dieser Maßstab muss überdies rational sein, das heißt, er muss in der Lage sein, vor einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung als gerechtfertigt begründbar zu sein. Das sind alles zusätzliche Hürden, die die Rechten nicht haben.
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Reicht es nicht, dass man sich gegen die Tendenz der kapitalistischen Gesellschaft wendet, andere auszuschließen und zu unterdrücken? Nein, das reicht nicht, wenn man sich nicht klar macht, warum es richtig ist, die Betroffenen nicht auszuschließen. Dass man überhaupt nichts auszuschließen habe, kann wohl kaum als Ziel linker Politik angenommen werden, denn in der Regel ist es gerade so, dass man den Kapitalismus überwinden will, d. h. ausschließen will. Aber man muss gar nicht vom System reden, es reicht, wenn man die gröbsten Misshandlungen ausschließen möchte, und das möchte man als Linker ja wohl. Die Linken schließen also selbst - und mit Recht - Positionen, die rechts sind, aus, und ebenso Menschen, die diese Positionen vertreten ohne die Bereitschaft, diese Positionen zu überdenken. Wenn man aber Positionen und Menschen ausschließt, dann braucht man ein Kriterium, wen man in welchem Fall ausschließen will. Soll sich ein solches Kriterium nicht auf das Bauchgefühl oder den gesunden Menschenverstand stützen, so ist es notwendig, auch hier ein Kriterium anzugeben und zu rechtfertigen, was warum ausgeschlossen wird, und was warum nicht ausgeschlossen wird.
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Dieses Kriterium kann nur eines sein, das in der Zukunft realisierbar erscheint. Es muss also in der gegenwärtigen Entwicklung angelegt sein, aber dennoch nicht bloß eine Fortschreibung der gegenwärtigen Entwicklung darstellen. Das ist die Grundschwierigkeit der Linken: Der Gegenwart und ihrer Entwicklungstendenz etwas abgewinnen und trotzdem ein Eingreifen für notwendig zu halten, um die Interessen der Menschen in der Gegenwart zu erreichen und anzusprechen. Wie ist diese Schwierigkeit zu lösen. Eine mögliche Lösung lautet: Durch Geschichtsphilosophie!

Version vom 12. April 2019, 12:46 Uhr

Die Linke braucht den Gedanken des Fortschritts

Die Linke braucht, das ist die Behauptung der folgenden Zeilen, den Fortschrittsgedanken, um linke Politik zu formulieren. Aber warum? Reicht es nicht gegen den Kapitalismus zu sein? Genügt es nicht, gegen das Ausschließen der Schwachen und Armen einzutreten? Ist es nicht entscheidend gegen die herrschenden Kreise aufzutreten und die Rechte der Unterdrückten zu vertreten?

Nein, das reicht nicht. Denn damit kann man sich nicht selbst von Kräften abheben, die den Kapitalismus von rechts bekämpfen. Und die Rechten entwickeln sich im Kampf gegen den Kapitalismus deutlich besser als die Linken, wenn man sich darauf beschränkt gegen den Kapitalismus zu sein. Warum? Weil sie sich auf Vorstellungen einer besseren Vergangenheit stützen, auf eine (meist falsche und verklärende) Vorstellung zwar, aber auf eine, die es angeblich schon gab, die also realisierbar ist. Das Reaktionäre bedarf deshalb zur Ablehnung der Gegenwart keiner theoretischen Anstrengungen, keines Begreifens der aktuellen Lage. Es reicht, wenn man sich vorstellt, dass die Zeiten früher besser waren, weil im Rückblick alles einfacher handhabbar, überschaubarer, klarer war.

Auch das Eintreten für die Armen fällt den Rechten deutlich leichter, wenn die Armen ihre Armut auf die gegenwärtige Entwicklung zurückführen. Denn dann kann die gegenwärtige Entwicklung keine gute sein. Daher ist sie abzulehnen. Die Zukunft ist das Ergebnis der gegenwärtigen Entwicklung, also ist auch die abzulehnen. Es gilt diese Entwicklung und damit die Zukunft zu bekämpfen. Und schon ist man im reaktionären gelandet. Dagegen erfordert eine linke Kritik ein sortieren der gegenwärtigen Entwicklung, bei dem man nicht bei der schlichten Ablehnung hängen bleiben kann. Man muss vielmehr konkret kritisieren und braucht vor allem einen Maßstab der Kritik, der sich auf die tatsächliche Entwicklung stützen kann. Dieser Maßstab muss überdies rational sein, das heißt, er muss in der Lage sein, vor einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung als gerechtfertigt begründbar zu sein. Das sind alles zusätzliche Hürden, die die Rechten nicht haben.

Reicht es nicht, dass man sich gegen die Tendenz der kapitalistischen Gesellschaft wendet, andere auszuschließen und zu unterdrücken? Nein, das reicht nicht, wenn man sich nicht klar macht, warum es richtig ist, die Betroffenen nicht auszuschließen. Dass man überhaupt nichts auszuschließen habe, kann wohl kaum als Ziel linker Politik angenommen werden, denn in der Regel ist es gerade so, dass man den Kapitalismus überwinden will, d. h. ausschließen will. Aber man muss gar nicht vom System reden, es reicht, wenn man die gröbsten Misshandlungen ausschließen möchte, und das möchte man als Linker ja wohl. Die Linken schließen also selbst - und mit Recht - Positionen, die rechts sind, aus, und ebenso Menschen, die diese Positionen vertreten ohne die Bereitschaft, diese Positionen zu überdenken. Wenn man aber Positionen und Menschen ausschließt, dann braucht man ein Kriterium, wen man in welchem Fall ausschließen will. Soll sich ein solches Kriterium nicht auf das Bauchgefühl oder den gesunden Menschenverstand stützen, so ist es notwendig, auch hier ein Kriterium anzugeben und zu rechtfertigen, was warum ausgeschlossen wird, und was warum nicht ausgeschlossen wird.

Dieses Kriterium kann nur eines sein, das in der Zukunft realisierbar erscheint. Es muss also in der gegenwärtigen Entwicklung angelegt sein, aber dennoch nicht bloß eine Fortschreibung der gegenwärtigen Entwicklung darstellen. Das ist die Grundschwierigkeit der Linken: Der Gegenwart und ihrer Entwicklungstendenz etwas abgewinnen und trotzdem ein Eingreifen für notwendig zu halten, um die Interessen der Menschen in der Gegenwart zu erreichen und anzusprechen. Wie ist diese Schwierigkeit zu lösen. Eine mögliche Lösung lautet: Durch Geschichtsphilosophie!