These 1: Unterschied zwischen den Versionen

Aus die gegenwart begreifen
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Man könnte denken, dass der Kapitalismus schon seit langem in der Krise ist. Ein spezifischer Gegenwartsbezug scheint daher weder für die Krise des Kapitalismus zu bestehen, noch für die Notwendigkeit der Linken, diese Krise zu begreifen. In der Tat ist in der traditionellen marxistischen Theorie von einer "allgemeinen Krise des Kapitalismus" die Rede, die sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in wechselnden Problemstellungen darstellt. Man kann selbstverständlich auch die jetzige Krise als eine solche Darstellungsform der "allgemeinen Krise des Kapitalismus" auffassen. Die hier vertretene These unterscheidet sich in zwei Hinsichten von einer solchen Auffassung.
 
Man könnte denken, dass der Kapitalismus schon seit langem in der Krise ist. Ein spezifischer Gegenwartsbezug scheint daher weder für die Krise des Kapitalismus zu bestehen, noch für die Notwendigkeit der Linken, diese Krise zu begreifen. In der Tat ist in der traditionellen marxistischen Theorie von einer "allgemeinen Krise des Kapitalismus" die Rede, die sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in wechselnden Problemstellungen darstellt. Man kann selbstverständlich auch die jetzige Krise als eine solche Darstellungsform der "allgemeinen Krise des Kapitalismus" auffassen. Die hier vertretene These unterscheidet sich in zwei Hinsichten von einer solchen Auffassung.
 
 
Erstens ist das Besondere des gegenwärtigen Verhältnisses der Linken zur Krise, dass sie diese Krise nicht begreift,
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Erstens ist das Besondere des gegenwärtigen Verhältnisses der Linken zur Krise, dass sie diese Krise nicht
weil sie eine Krise der Linken einzubegreifen scheint, dass sie die Linke handlungsunfähiog zu machen droht.
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begreift, weil sie eine Krise der Linken einzubegreifen scheint, dass sie die Linke handlungsunfähig zu
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machen droht.
 
 
Zweitens erlaubt dies den anderen politischen Kräften ein spezifisches Manöver, dass anderenfalls nicht möglich
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Zweitens erlaubt dies den anderen politischen Kräften ein spezifisches Manöver, dass anderenfalls nicht
wäre: Es wird nämlich die Allgemeinheit der Krise als ein Legitimation einer bestimmten Herrschaftsweise angeführt.
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möglich wäre: Es wird nämlich die Allgemeinheit der Krise als ein Legitimation einer bestimmten
Weil die Krise ohnehin unbegriffen ist, ist es auch egal, wer die Herrschaft innehat. Dann ist eine bürgerlich liberale
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Herrschaftsweise angeführt. Weil die Krise ohnehin unbegriffen ist, ist es auch egal, wer die Herrschaft
parlamentarisch organisierte Diktatur der ökonomischen Interessen doch relativ angenehm. Sie löst zwar nicht die
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innehat. Dann ist eine bürgerlich liberale parlamentarisch organisierte Diktatur der ökonomischen
Probleme, sondern verschärft sie; aber lösen kann man sie - so scheint es - ohnehin nicht, und dann geht es um
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Interessen doch relativ angenehm. Sie löst zwar nicht die Probleme, sondern verschärft sie; aber lösen
pragmatisches Wursteln. Daher lohnt sich kein politischer Kampf, keine politische Kraftanstrengung. Ob da eine
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kann man sie - so scheint es - ohnehin nicht, und dann geht es um pragmatisches Wursteln. Daher lohnt
Merkel oder ein Schröder - von Gabrioel gar nicht erst zu reden - regiert, das ist gleichgültig. Die Unbegriffenheit
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sich kein politischer Kampf, keine politische Kraftanstrengung. Ob da eine Merkel oder ein Schröder -
und scheinbare Unlösbarkeit der Krise wird selbst zu einem Argument der Legitimation der Herrschaft derjenigen,
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von Gabriel gar nicht erst zu reden - regiert, das ist gleichgültig. Die Unbegriffenheit und scheinbare
die diese Krise wesentlich zu verantworten haben.
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Unlösbarkeit der Krise wird selbst zu einem Argument der Legitimation der Herrschaft derjenigen, die
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diese Krise wesentlich zu verantworten haben.
   
 
Das Argument der Vertreter des kapitalistischen Systems und deren politische Repräsentanten, dass sie die Krise nicht verursachen, weil sie die Produktionsbeziehungen nicht beherrschen, sticht jedoch nicht. Denn die Vertreter des kapitalistischen Systems vertreten die Kräfte, die von der Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen profitieren und zu deren Existenzbedingungen diese Unbeherrschtheit gehört. Sie widersetzen sich daher jedem Versuch, die Produktionsbeziehungen zu beherrschen, mit aller Entschiedenheit und - wenn es ernst wird - in aller Regel mit – internationaler und nach innnen gerichteter Gewalt, all ihren Beteuerungen der Gewaltfreiheit zum Trotz. Daher stehen die Vertreter des kapitalistischen Systems in einem anderen Verhältnis zur Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen als alle anderen und tragen die Verantwortung dafür, dass der Versuch der Beherrschung ernsthaft nicht unternommen wird. Sollte er doch unternommen werden, bekämpfen sie diese Bemühungen mit allen Mitteln.
 
Das Argument der Vertreter des kapitalistischen Systems und deren politische Repräsentanten, dass sie die Krise nicht verursachen, weil sie die Produktionsbeziehungen nicht beherrschen, sticht jedoch nicht. Denn die Vertreter des kapitalistischen Systems vertreten die Kräfte, die von der Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen profitieren und zu deren Existenzbedingungen diese Unbeherrschtheit gehört. Sie widersetzen sich daher jedem Versuch, die Produktionsbeziehungen zu beherrschen, mit aller Entschiedenheit und - wenn es ernst wird - in aller Regel mit – internationaler und nach innnen gerichteter Gewalt, all ihren Beteuerungen der Gewaltfreiheit zum Trotz. Daher stehen die Vertreter des kapitalistischen Systems in einem anderen Verhältnis zur Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen als alle anderen und tragen die Verantwortung dafür, dass der Versuch der Beherrschung ernsthaft nicht unternommen wird. Sollte er doch unternommen werden, bekämpfen sie diese Bemühungen mit allen Mitteln.

Version vom 5. Mai 2016, 09:56 Uhr

These 1

Soll die gegenwärtige Entwicklung zur Befreiung der Individuen führen, muss sie begriffen werden. Das Begreifen der Gegenwart ist die Aufgabe der Linken.


Die Linke steht gegenwärtig vor einer prinzipiell anderen Aufgabe als die anderen politischen Kräfte. Für reaktionäre, konservative, liberale oder reformistische Kräfte reicht es aus, sich in den Funktionsmechanismen der sich unbewusst herausbildenden neuen Formen der Gesellschaft so ungefähr auszukennen. Sie müssen lediglich - in beschränktem Umfang - wissen, wie es wirkt, was sie tun, um politisch handlungsfähig zu sein. Denn diese politischen Kräfte konzentrieren sich auf eine Art „Krisenmanagement“. Für sie ist die Herausbildung des Neuen, das Sichtbarwerden einer neuen Gesellschaft, nur als Krise der alten Gesellschaft zu erfassen. Nichts zeigt die Notwendigkeit des Untergangs der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung schlagender, als die Unlösbarkeit zahlreicher Menschheitsprobleme. Die kapitalistische Herrschaftsordnung ist eine Bedrohung für die Existenz der Menschheit. Das „Krisenmanagement“ der herrschenden politischen Kräfte beschränkt sich jedoch darauf, die Krisenfolgen - mit mehr oder weniger - großem Getöse von einem Schauplatz zum nächsten zu schaufeln. Dieses Verhalten ist nur Ausdruck und Begleitmusik der Notwendigkeit - und der Herausbildung - einer prinzipiell neuen Gesellschaftsordnung.

Man könnte denken, dass der Kapitalismus schon seit langem in der Krise ist. Ein spezifischer Gegenwartsbezug scheint daher weder für die Krise des Kapitalismus zu bestehen, noch für die Notwendigkeit der Linken, diese Krise zu begreifen. In der Tat ist in der traditionellen marxistischen Theorie von einer "allgemeinen Krise des Kapitalismus" die Rede, die sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in wechselnden Problemstellungen darstellt. Man kann selbstverständlich auch die jetzige Krise als eine solche Darstellungsform der "allgemeinen Krise des Kapitalismus" auffassen. Die hier vertretene These unterscheidet sich in zwei Hinsichten von einer solchen Auffassung.

Erstens ist das Besondere des gegenwärtigen Verhältnisses der Linken zur Krise, dass sie diese Krise nicht 
begreift, weil sie eine Krise der Linken einzubegreifen scheint, dass sie die Linke handlungsunfähig zu 
machen droht. 

Zweitens erlaubt dies den anderen politischen Kräften ein spezifisches Manöver, dass anderenfalls nicht 
möglich wäre: Es wird nämlich die Allgemeinheit der Krise als ein Legitimation einer bestimmten 
Herrschaftsweise angeführt. Weil die Krise ohnehin unbegriffen ist, ist es auch egal, wer die Herrschaft 
innehat. Dann ist eine bürgerlich liberale parlamentarisch organisierte Diktatur der ökonomischen 
Interessen doch relativ angenehm. Sie löst zwar nicht die Probleme, sondern verschärft sie; aber lösen 
kann man sie - so scheint es - ohnehin nicht, und dann geht es um pragmatisches Wursteln. Daher lohnt 
sich kein politischer Kampf, keine politische Kraftanstrengung. Ob da eine Merkel oder ein Schröder - 
von Gabriel gar nicht erst zu reden - regiert, das ist gleichgültig. Die Unbegriffenheit und scheinbare 
Unlösbarkeit der Krise wird selbst zu einem Argument der Legitimation der Herrschaft derjenigen, die 
diese Krise wesentlich zu verantworten haben.

Das Argument der Vertreter des kapitalistischen Systems und deren politische Repräsentanten, dass sie die Krise nicht verursachen, weil sie die Produktionsbeziehungen nicht beherrschen, sticht jedoch nicht. Denn die Vertreter des kapitalistischen Systems vertreten die Kräfte, die von der Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen profitieren und zu deren Existenzbedingungen diese Unbeherrschtheit gehört. Sie widersetzen sich daher jedem Versuch, die Produktionsbeziehungen zu beherrschen, mit aller Entschiedenheit und - wenn es ernst wird - in aller Regel mit – internationaler und nach innnen gerichteter Gewalt, all ihren Beteuerungen der Gewaltfreiheit zum Trotz. Daher stehen die Vertreter des kapitalistischen Systems in einem anderen Verhältnis zur Unbeherrschtheit der Produktionsbeziehungen als alle anderen und tragen die Verantwortung dafür, dass der Versuch der Beherrschung ernsthaft nicht unternommen wird. Sollte er doch unternommen werden, bekämpfen sie diese Bemühungen mit allen Mitteln.